Ein Tag im Leben eines Smartphone Users.

Wie verändert Technologie unser Leben und unseren Alltag? Unsere Jugendredaktion hat mal ein Experiment gestartet und einen Monat lang verschiedene Apps getestet, die den Alltag erleichtern sollen.
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veröffentlicht am 30.4.2014

6:00 Uhr – Der intelligente Wecker klingelt. Eigentlich habe ich noch eine halbe Stunde Zeit, aber anscheinend war ich gerade in der passenden Schlafphase, um geweckt zu werden. Dann kann ich ja noch ein bisschen liegen bleiben und Neuigkeiten checken. Schließlich habe ich heute Nacht ja nichts mitbekommen.

6:45 Uhr – Was ziehe ich heute an? Meine Wetter App empfiehlt ein T-Shirt mit Strickjacke, die ich ausziehen kann, wenn es am Nachmittag wärmer wird.

7:00 Uhr – Zeit fürs Frühstück. Die wichtigste Mahlzeit des Tages. Laut meinem Handy ist ein fettarmer Joghurt mit Obst ideal für den Start in den Tag. Zum Glück war ich gestern noch gesunde, von der App grün gekennzeichnete Lebensmittel einkaufen. Der Kühlschrank ist also voll mit Obst und Gemüse.

7:30 Uhr – Ich verlasse die Wohnung und mein Handy plant für mich die schnellste Verbindung zur Schule.

7:50 Uhr – In Mathe fange ich gar nicht erst an, meinen Taschenrechner zu suchen, ich hab ja schließlich eine App dafür. Wörterbuch und Duden für Englisch und Deutsch brauche ich mir auch nicht aus dem Schrank zu holen. Nach der Stunde kurz noch die Tafel abfotografieren und in mein digitales Hausaufgabenheft die Aufgaben für morgen eintragen – fertig.

13:30 Uhr – Mittagspause. Doch was soll’s geben? Ich frag einfach mal mein Handy, was hier alles so in der Nähe ist.
16:00 Uhr – Der Schultag ist überstanden und ich treffe mich mit meiner Freundin zum Shoppen. Auf dem Alex ist so viel los, dass wir uns gar nicht sehen. Ich schalte die GPS-Ortung ein und schicke ihr meine genaue Position. Endlich hat sie mich gefunden!

16:30 Uhr – Eine neue Jacke muss her. Auf ins Alexa! Und bezahlt wird per Mobile Payment. Nach der Tour durchs Center wollen wir uns noch ein Eis gönnen, doch passt das überhaupt noch in meinen Ernährungsplan für heute?

17:00 Uhr – Eigentlich wäre jetzt mein abendliches Sportprogramm dran. Doch mein Handy hat alle Schritte gezählt, die ich heute gemacht habe, und ich muss kein allzu schlechtes Gewissen haben, wenn ich die Erinnerung wegklicke.

19:00 Uhr – Sport. Zumindest das siebenminütige Workout kann ich jetzt nicht ignorieren. Die paar Minuten sollten ja wohl drin sein, oder?

21:00 Uhr – Schlafenszeit! Letzte Nacht hab ich viel zu wenig geschlafen. Dieses Defizit muss ich jetzt ausgleichen. Noch eben den Sleep-Button drücken und dann: Gute Nacht.

Ok, das klingt ganz schön übertrieben. Nicht jeder plant seine gesamte Ernährung mit dem Handy, bezahlt mit Mobile Payment und lässt seinen Schlaf optimieren. Doch das Smartphone findet immer mehr Einzug in unser Leben und tatsächlich sieht so oder so ähnlich der digitalisierte Alltag vieler von uns schon heute aus. Für einige ist das Smartphone schon fast zum lebenswichtigen Begleiter geworden. Und das wird in Zukunft wohl eher nicht nachlassen.

Einige Apps geben sogar Tipps und motivieren den Nutzer durch positives Feedback dazu, endlich mal wieder Sport zu treiben. Durch Einträge der Erfolge kann man seine persönliche Entwicklung nachverfolgen. Und durch die intensive Auseinandersetzung mit der App wird man automatisch für bestimmte Themen wie Ernährung oder gesunden Schlaf sensibilisiert.

Trotzdem kann es je nach Alter, Persönlichkeit oder Veranlagung schnell passieren, dass man eine gewisse Abhängigkeit von den Apps entwickelt. Kann man nicht auch einfach mal entscheiden, ein Eis essen zu wollen, ohne zu wissen, wie viele Kalorien man heute schon zu sich genommen hat?

Problematisch wird es, wenn man fremdbestimmt den vorgegebenen Idealen folgt, ohne den eigenen Kopf einzuschalten. Klar, all die Apps können uns zu besseren, gesünderen, sportlicheren, ausgeschlafeneren, bewussteren Menschen machen. Aber ist diese Selbstoptimierung wirklich nötig? Damit verbunden ist immer auch ein Druck, gut genug zu sein. Für Schwächen oder spontane Erlebnisse ist da kaum Platz. Und was wäre das für ein trauriges Leben, das lediglich aus einem optimierten Prozess nach dem anderen besteht?

Zum Glück bleibt es ja immer noch jedem selbst überlassen, bis zu welchem Grad er oder sie solche Apps nutzt. Solange ich die freie Wahl habe, lasse ich mich gerne ab und zu von meinem digitalen Begleiter unterstützen.

Lisa Meier & Jana Stern